Conversion Rate Optimization/23. April 2025 -Aktualisiert am 20. Mai 2025/6 Min. Lesezeit

Neue Jeans, neue Sneaker – Wie der Diderot-Effekt uns zu mehr Käufen verleitet

Wer war Diderot?

Wie der Diderot-Effekt uns zu mehr Käufen verleitet

Warum führt eigentlich der Kauf eines neuen Kleidungsstücks oft zu einer ganzen Reihe weiterer Käufe? Genau so erging es Denis Diderot. Er war ein berühmter französischer Philosoph, Schriftsteller und Aufklärer des 18. Jahrhunderts. Bekannt ist er vor allem als Herausgeber der „Enzyklopädie", die das Wissen seiner Zeit systematisch zusammenfasste und zur Verbreitung von aufklärerischen Ideen beitrug.

Diderot lebte lange Zeit in finanzieller Not. Als die russische Kaiserin Katharina II davon erfuhr, kaufte sie seine gesamte Bibliothek und bot ihm eine lebenslange Anstellung als Bibliothekar an. Plötzlich wohlhabend, kaufte sich Diderot einen eleganten Anzug – und genau hier begann seine unfreiwillige Konsumspirale. So stellte er fest, dass seine alten Möbel nicht mehr zu seinem neuen, gehobenen Erscheinungsbild passten und begann, sein gesamtes Mobiliar durch teure, luxuriöse Stücke zu ersetzen.

In einem Essay von 1768, „Gründe meinem alten Hausrock nachzutrauern", beschrieb er, wie er sich in Schulden stürzte, damit seine Einrichtung zum neuen Anzug passte. Bestürzt stellte er fest, dass er zwar der Meister seines alten Anzugs war, aber ein Sklave seines neuen geworden war.

Zitat: »Warum habe ich ihn nicht behalten? Er passte mir so gut, dass ich mich ausnahm wie von Künstlerhand gemalt. Der neue, steif und förmlich, macht mich zur Schneiderpuppe? Ich sehe aus wie ein reicher Tagedieb, man sieht mir nicht mehr an, wer ich bin...«

Was verstehen wir unter dem Diderot-Effekt?

Der Diderot-Effekt beschreibt ein komplexes Konsummuster, bei dem der Erwerb eines neuen Gegenstands eine Welle weiterer Käufe auslöst. Dieses Phänomen tritt auf, wenn ein einzelnes Produkt unser Selbstbild oder unsere Umgebung so verändert, dass wir uns gedrängt fühlen, weitere Anschaffungen zu tätigen, um ein Gefühl von Stimmigkeit oder Vollständigkeit zu erlangen. Oft geschieht dies unbewusst und kann zu einem Kreislauf des Konsums führen, der weit über den ursprünglichen Kauf hinausgeht.

Diese psychologischen Erkenntnisse, die Diderot selbst erlebte, sind heute noch genauso relevant – insbesondere im E-Commerce, wo Plattformen den Diderot-Effekt gezielt nutzen, um das Kaufverhalten der Konsumenten zu beeinflussen.


So nutzen Online-Plattformen den Diderot-Effekt

Laut einer Statista-Prognose wird im E-Commerce-Markt die Anzahl der Nutzer bis zum Jahr 2029 auf 3,6 Milliarden ansteigen. Diese wachsende Nutzerbasis macht den Diderot-Effekt noch relevanter, da er ein entscheidender Faktor für das Konsumverhalten im Online-Handel ist. Online-Plattformen haben raffinierte Methoden entwickelt, um diesen psychologischen Effekt gezielt zur Umsatzsteigerung einzusetzen und so das Einkaufsverhalten ihrer Kunden zu beeinflussen. Mit der Zunahme der Nutzerzahlen wird es für E-Commerce-Unternehmen immer wichtiger, maßgeschneiderte Empfehlungen und Cross-Selling-Strategien zu nutzen, um von den Impulskäufen zu profitieren, die durch den Diderot-Effekt ausgelöst werden.


Die Zukunft der personalisierten Produktempfehlungen

E-Commerce-Plattformen nutzen Datenanalysen, um das Einkaufsverhalten ihrer Kunden zu entschlüsseln. Mit Hilfe von KI und komplexen Algorithmen werden Präferenzen, Suchhistorien und frühere Einkäufe in Echtzeit ausgewertet. Das Ziel: ein passgenaues Einkaufserlebnis, das Zusatzkäufe fördert und die Kundenzufriedenheit steigert. Wer zum Beispiel eine Kamera kauft, bekommt passende Objektive, Stative oder Fototaschen vorgeschlagen. Ein weiteres Beispiel für den erfolgreichen Einsatz von KI-Tools zur dynamischen Anpassung von Website-Inhalten ist Netflix. Das Unternehmen nutzt KI, um in Echtzeit personalisierte Inhalte vorzuschlagen.


Das perfekte Tool zur Cross-Selling Strategie

Cross-Selling ist eine durchdachte Verkaufsstrategie, die den Diderot-Effekt gezielt nutzt. Hierbei werden Kunden während ihres Einkaufsprozesses komplementäre oder thematisch verwandte Produkte präsentiert. Diese Methode zielt darauf ab, nicht nur den Warenkorbwert zu erhöhen, sondern auch das gesamte Einkaufserlebnis zu bereichern.

E-Commerce-Plattformen setzen dabei auf fortschrittliche Datenanalyse und maschinelles Lernen, um Kaufmuster zu identifizieren und individuelle Empfehlungen zu generieren. Diese Vorschläge werden nahtlos in die Customer Journey integriert, oft mit subtilen Hinweisen wie "Passt perfekt zu Ihrem Einkauf" oder "Kunden mit ähnlichen Interessen haben auch folgendes gekauft". Ein Paradebeispiel für erfolgreiches Cross-Selling finden wir bei Amazon, dessen „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch…“ Funktion, enorm den Umsatz ankurbelte. 

Ein aktueller Trend ist der Einsatz von Augmented Reality (AR) beim Online-Shopping, um den Diderot-Effekt zu verstärken. So können Kunden zum Beispiel mit der IKEA Place App virtuelle Möbel in ihrem realen Wohnzimmer platzieren. Aber auch Brands wie Gucci und Nike nutzen das AR-Feature in ihren Apps und ermöglichen es Kunden, Sneaker virtuell zu Hause anzuprobieren. Mit der Sephora Virtual Artist App kann man virtuell Make-up testen – ganz ohne echtes Schminken.


Fazit

Der Diderot-Effekt ist ein starker psychologischer Effekt, der unser Kaufverhalten massiv beeinflussen kann. Insbesondere online kann dieser eine extreme Auswirkung auf unseren Konsum haben. Für E-Commerce-Unternehmen bietet er enormes Potenzial zur Umsatzsteigerung und Kundenbindung. Strategien wie Cross-Selling, Upselling und personalisierte Empfehlungen nutzen den Effekt gezielt.

Während E-Commerce-Plattformen von höheren Umsätzen und stärkerer Kundenbindung profitieren, genießen Kunden ein verbessertes Einkaufserlebnis, das ihre Wünsche und Bedürfnisse erfüllt. Allerdings sollten Verbraucher sich des Diderot-Effekts bewusst sein und ihre Kaufentscheidungen kritisch hinterfragen.


Tipps für bewussten Konsum

  1. Führen Sie ein Konsumtagebuch, um Ihre Kaufmuster zu erkennen.
  2. Nutzen Sie Apps wie "MindfulBuy", die Impulskäufe kontrollieren helfen.
  3. Warten Sie 24 Stunden, bevor Sie einen nicht geplanten Kauf tätigen.
  4. Hinterfragen Sie, ob ein Produkt wirklich benötigt wird oder nur Teil einer durch den Diderot-Effekt ausgelösten Kaufkette ist.

Indem wir uns des Diderot-Effekts bewusst werden und aktiv gegensteuern, können wir zu bewussteren Konsumenten werden und gleichzeitig von den Vorteilen personalisierter Einkaufserlebnisse profitieren. Denn eins lässt sich mit Sicherheit sagen: Auch in Zukunft wird der Diderot-Effekt eine zentrale Rolle im E-Commerce spielen.

Quelle: https://de.statista.com/outlook/emo/ecommerce/weltweit