Conversion Rate Optimization/12. Dezember 2023 -Aktualisiert am 18. April 2024/9 Min. Lesezeit

WCAG - Prinzip der Bedienbarkeit: Richtlinien und Erfolgskriterien

Die Gewährleistung der Bedienbarkeit von Webseiten ist ein zentraler Bestandteil der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), einem international anerkannten Standard, der klare Richtlinien und Erfolgskriterien für barrierefreie Webinhalte bereitstellt. Der Standard ist von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass alle User, unabhängig von ihren individuellen Voraussetzungen, auf die gleichen Informationen und Funktionen zugreifen können.

Das Prinzip der Bedienbarkeit hat die Aufgabe, sicherzustellen, dass die Komponenten des User Interface (hierunter fallen alle grafischen Elemente wie beispielsweise Bilder, Icons und Schaltflächen) einer Webseite und Navigationselemente für alle User leicht zu bedienen sind. Es konzentriert sich auf Aspekte wie die Tastaturbedienbarkeit, Navigation, reaktionsschnelle Technologie und User-Interface-Komponenten. Die Richtlinien und Erfolgskriterien werden dabei einer der drei Konformitätsstufen zugeordnet. Dieser Beitrag ist ein Bestandteil einer Artikelreihe, die die vier Prinzipien der WCAG (Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit) sowie zusätzlich die Konformität behandelt.

Tastatur Zugänglichkeit (WCAG-Richtlinie 2.1)

Die Zugänglichkeit der Webseite soll über die Tastatur erfolgen.


Erfolgskriterien:

  • 2.1.1 Bedienbarkeit über Tastatur - Stufe A
    Die gesamte Funktionalität einer Webseite muss über die Tastatur bedienbar sein. Es dürfen keine zeitbeschränkten Anforderungen für Tastenanschläge existieren, es sei denn, die zugrunde liegende Funktion erfordert dies.
  • 2.1.2 Keine Tastaturfallen - Stufe A
    User, die die Tastatur verwenden, dürfen keine Tastaturfallen erleben. Das bedeutet, dass man keine Schwierigkeiten dabei haben sollte, wenn man mit der Tastatur zu einem Teil der Webseite springt, um dort auch wieder nur mit der Tastatur wegzukommen.
  • 2.1.3 Keine Zeiteinschränkung - Stufe AAA
    Es ist eine Verschärfung des Erfolgskriteriums 2.1.1 und fordert, dass sämtliche Funktionen ohne zeitliche Einschränkungen bedienbar sind.
  • 2.1.4 Tastenkombinationen für Zeichen - Stufe A
    Die Bedienbarkeit von Tastenkombinationen, die nur Buchstaben, Satzzeichen, Zahlen oder Symbole verwenden muss mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
    1. Es gibt einen Mechanismus zum Deaktivieren der Kombination
    2. Es gibt einen Mechanismus zur Neuzuweisung der Tastenkombinationen oder
    3. Die Tastenkombination ist nur aktiv, wenn sie im Fokus steht.

Ausreichend Zeit (WCAG-Richtlinie 2.2)

Es soll den Usern ausreichend Zeit zur Verfügung gestellt werden, die Inhalte zu lesen und zu nutzen.

Erfolgskriterien:
  • 2.2.1 Timing einstellbar - Stufe A
    User müssen Zeitbegrenzungen deaktivieren, anpassen oder verlängern können, es sei denn, sie sind Teil eines Echtzeiterlebnisses, essentiell um die Tätigkeit auszuführen oder die Frist beträgt mehr als 20 Stunden.
  • 2.2.2 Interaktive Animation: Pause, Stopp, Verbergen - Stufe A
    1. Bewegungs-, Blink- und Scroll-Animationen die automatisch starten, länger als fünf Sekunden dauern oder parallel zu anderen Inhalten angezeigt werden, müssen pausiert, gestoppt oder verborgen werden können, außer sie sind wesentlich für die Aktivität.
    2. Werden Informationen automatisch aktualisiert und parallel zu anderen Inhalten gezeigt, können User diese selbständig anhalten, stoppen oder ausblenden oder die Häufigkeit der Aktualisierungen kann gesteuert werden. Es sei denn, die Aktualisierung ist wesentlich für die Aktivität.
  • 2.2.3 Zeitunabhängige Interaktion - Stufe AAA
    Zeitbegrenzungen dürfen für User keine wesentliche Rolle spielen, es sei denn, es handelt sich um nicht interaktive synchronisierte Medien oder Echtzeitereignisse.
  • 2.2.4 Anpassung von Unterbrechungen - Stufe AAA
    User müssen die Möglichkeit haben, Unterbrechungen zu verschieben oder zu unterdrücken.
  • 2.2.5 Erneute Authentifizierung - Stufe AAA
    Nach Ablauf einer authentifizierten Sitzung müssen User die Aktivität nach erneuter Authentifizierung ohne Datenverlust fortsetzen können.
  • 2.2.6 Zeitmanagement für User - Stufe AAA
    User müssen vor Inaktivitätszeiten gewarnt werden, die zu Datenverlust führen könnten, es sei denn, die Daten bleiben länger als 20 Stunden erhalten.

Anfälle und körperliche Reaktionen (WCAG-Richtlinie 2.3)

Webseiteninhalte dürfen nicht auf eine Art und Weise gestaltet werden, die Anfälle oder körperliche Reaktionen auslösen kann.

Erfolgskriterien:
  • 2.3.1 Beschränkung von Blink-Effekten - Stufe A
    Webseiten enthalten keine Elemente, die mehr als dreimal pro Sekunde blinken oder das Blinken liegt unter einem allgemeinen Schwellenwert.
    Bei einem Blitz handelt es sich um eine sich schnell ändernde Bildsequenz und dieser liegt unter dem Schwellenwert, wenn folgende Bedingungen erfüllt werden:
    1. Nicht mehr als drei allgemeine Blitze und/oder nicht mehr als drei rote Blitze innerhalb eines Zeitraums von einer Sekunde erscheinen oder
    2. Die kombinierte Fläche der gleichzeitig auftretenden Blitze bei typischem Betrachtungsabstand nicht mehr als insgesamt 0,006 Steradianten innerhalb eines 10-Grad-Sichtfelds auf dem Bildschirm einnimmt (25 % eines 10-Grad-Sichtfelds auf dem Bildschirm).
  • 2.3.2 Keine drei Blink-Effekte
    Es ist eine Erweiterung des Kriteriums 2.3.1. was vorschreibt, dass die Webseite nichts enthält, was pro Sekunde mehr als dreimal blinkt, der allgemeine Schwellenwert liegt hier nicht vor.
  • 2.3.3 Animation aus Interaktionen - Stufe AAA
    Bewegungsanimationen, die durch Interaktion ausgelöst werden, können deaktiviert werden.

Navigierbar (WCAG-Richtlinie 2.4)

Usern wird ermöglicht, Inhalte zu finden und ihnen beim Navigieren zu helfen.

Erfolgskriterien:
  • 2.4.1 Gezielt Inhaltsblöcke umgehen - Stufe A
    Es gibt eine Funktion, um Inhaltsblöcke zu umgehen, die auf verschiedenen Webseiten wiederholt werden.
  • 2.4.2 Seite betiteln - Stufe A
    Webseiten haben Titel, welchen die erwähnten Themen oder den Zweck beschreiben.
  • 2.4.3 Fokus-Reihenfolge - Stufe A
    Fokussierbare Elemente auf einer Webseite müssen in einer sinnvollen Reihenfolge angewählt werden können, wenn ihre Reihenfolge die Bedeutung oder Bedienbarkeit beeinflusst.
  • 2.4.4 Linkzweck - Stufe A
    Aus dem Linktext allein kann die Intention des Links bestimmt werden.
  • 2.4.5 Mehrere Suchmöglichkeiten - Stufe AA
    Es gibt mehrere Möglichkeiten, eine Web Page innerhalb einer Reihe von Web Pages zu finden, es sei denn, die Page ist das Ergebnis oder ein Schritt in einem Prozess.
  • 2.4.6 Beschreibung durch Überschriften - Stufe AA
    Das Thema oder der Zweck wird durch Seitenelemente wie Überschriften und Beschriftungen beschrieben.
  • 2.4.7 Tastaturfokus - Stufe AA
    Jede Benutzeroberfläche, die über die Tastatur bedient wird, besitzt einen Modus, in dem der Fokus bestimmt wird, zum Beispiel durch den Cursor. Das soll Menschen mit eingeschränkter Aufmerksamkeit, eingeschränktem Kurzzeitgedächtnis oder eingeschränkten Ausführungsprozessen dabei unterstützen herauszufinden, auf welcher Komponente der Fokus liegt.
  • 2.4.8 Standortinformationen - Stufe AAA
    Innerhalb einer Reihe von Pages sind Informationen über den Standort von dem User verfügbar.
  • 2.4.9 Klarer Linkzweck - Stufe AAA
    Es muss einen Mechanismus geben, der es erlaubt, den Zweck eines Links allein anhand des Linktexts zu erkennen. Ausnahme dafür ist, wenn der Zweck des Links für die User im Allgemeinen nicht eindeutig ist.
  • 2.4.10 Vorhandene Abschnittsüberschirften - Stufe AAA
    Abschnittsüberschriften dienen der Organisation der Inhalte.

Eingabemodalitäten (WCAG-Richtlinie 2.5)

Es wird den Usern über die Tastatur hinaus die Bedienung von Funktionen erleichtert.

Erfolgskriterien:
  • 2.5.1 Mausbedienung - Stufe A
    Alle Funktionen, die Mehrpunkt- oder pfadbasierte Gesten zur Steuerung nutzen, können auch mit einem einzelnen Mauszeiger bedienbar sein, es sei denn, eine Mehrpunkt- oder pfadbasierte Geste ist zwingend erforderlich.
  • 2.5.2 Mauszeigerfunktionen - Stufe A
    Es müssen Funktionen, die mit einem einzelnen Mauszeiger bedient werden können, mindestens eine der folgenden Anforderungen erfüllen: Das Down-Ereignis des Mauszeigers wird nicht allein zur Ausführung einer Funktion genutzt, der Abschluss der Funktion erfolgt in einem Up-Ereignis und man kann die Funktion abbrechen oder rückgängig machen, das Up-Ereignis kehrt die vorherigen Schritte von Down-Ereignis um und die Funktion wird nur bei einem Down-Ereignis abgeschlossen, wenn es zwingend erforderlich ist, dass das Up-Event nicht verwendet wird.
  • 2.5.3 Bezeichnung im Namen - Stufe A
    Bei User-Interface-Komponenten (wie z.B. Bilder oder Icons) mit Beschriftungen, welche Text oder Textbilder enthalten, beinhaltet der Name den Text, der visuell dargestellt wird.
  • 2.5.4 Bewegungsbetätigung - Stufe A
    Funktionen, die durch Geräte- oder Benutzerbewegungen gesteuert werden können, können über User-Interface-Komponenten gesteuert werden und die Reaktion auf die Bewegung kann deaktiviert werden, um versehentliche Betätigungen zu verhindern. Es sei denn, es gibt eine barrierefreie Schnittstelle für die Bewegungssteuerung oder die Bewegung ist essentiell und eine Deaktivierung würde die Aktivität ungültig machen.
  • 2.5.5 Zielgröße - Stufe AAA
    Die Größe von Zielen für Mauszeigereingaben muss mindestens 44 x 44 CSS-Pixel betragen. Dies trägt dazu bei, die Benutzbarkeit für User mit begrenzter Genauigkeit bei Zeigereingaben zu verbessern.
  • 2.5.6 Gleichzeitige Eingabemechanismen - Stufe AAA
    Webinhalte dürfen die Nutzung verschiedener Eingabemodalitäten nicht einschränken, es sei denn, dies ist erforderlich, um die Sicherheit des Inhalts zu gewährleisten oder Benutzereinstellungen zu respektieren.

Fazit

Das Prinzip der Bedienbarkeit ermöglicht es Entwicklern und Designern, digitale Barrieren abzubauen. Berücksichtigt werden sowohl die Tastaturzugänglichkeit, zeitliche Aspekte, navigationsbezogene Anforderungen, Vermeidung von Inhalten, die unerwünschte körperliche Reaktionen auslösen könnten sowie Eingabemodalitäten. Dies ist nicht nur als bloße Verpflichtung anzusehen, sondern verbessert gleichzeitig auch die Benutzerfreundlichkeit. In den vorherigen Blogartikeln sind wir bereits auf das Prinzip der Wahrnehmbarkeit und auf die Konformität eingegangen. In den folgenden werden wir die Prinzipien der Verständlichkeit und der Robustheit näherbringen, um ein umfassendes Verständnis für barrierefreie digitale Inhalte zu fördern.